Neufundland in 6 Tagen

Im August fuhren wir nach Neufundland. Obwohl wir nur eine Woche Zeit hatten, machten wir uns auf den langen Weg. Die Anziehungskraft war einfach zu groß: beeindruckende Landschaften, auf einer riesiger Insel, die nur spärlich bewohnt ist und zu weit entfernt, um die Massen anzuziehen – der perfekte Van-Life Spielplatz.

Wir wurden nicht enttäuscht. Wir besuchten den Gros Morne Nationalpark, einer der schönsten Nationalparks von Kanada. Wir wanderten entlang der Küste der Bonavista-Halbinsel. Wir beobachten Papageientaucher und Lachse. Und in St. John‘s, der Hauptstadt, erfuhren wir eine Menge über die Geschichte der Provinz. Insgesamt ein kurzer, aber eindrucksvoller Roadtrip.

Unsere Reiseroute

Tag 1:

Port-aux-Basques – Notre Dame Provincial Park (525 km)

Highlights: Salmonoid Interpretation Centre

Tag 2:

Notre Dame Provincial Park – St. John’s (375 km)

Highlights: Signal Hill, Cape Spear und Downtown St. John’s

Tag 3:

St. John’s – Bonavista – Clarenville (420 km)

Highlights: Trinity, Skerwink Trail und Puffins beobachten

Tag 4:

Clarenville – Gander – Rocky Harbour (515 km)

Highlights: Flugzeugmuseum und Gros Morne Nationalpark

Tag 5:

Rocky Harbour – Tablelands (75 km)

Highlights:Tablelands in Gros Morne Nationalpark

Tag 6:

Tablelands – Western Brook Pond – Port-aux-Basques (450 km)

Highlights:Western Brook Pond in Gros Morne Nationalpark

Klicke auf die Karte, um alle Punkte anzuzeigen.

Anreise nach Neufundland

Die Insel Neufundland liegt weit entfernt von den großen Städten Kanadas, mitten im Golf des Sankt-Lorenz-Stroms im Osten Kanadas. Die Insel ist am einfachsten mit dem Flugzeug zu erreichen. Von jeder größeren kanadischen Stadt gibt es einen Flug nach St. John‘s, der Hauptstadt der Provinz Neufundland und Labrador.
Aber wir wollten Neufundland mit unserem Sprinter erkunden. Also blieb uns nur die Fähre.
Die Fähre nach Neufundland legt in North Sidney ab, im Nordosten der Halbinsel Cape Breton in der Provinz Nova Scotia. Von Québec City sind es etwa 12 Stunden Fahrt bis zum Hafen!
Die Strecke führt durch endlose Wälder. Während der 12-stündigen Fahrt passieren wir zwei Städte mit über 50.000 Einwohnern: Fredericton (ca. 60.000) und Moncton (ca. 80.000). Dementsprechend ruhig ist der Verkehr.

Unsere Überfahrt nach Port-aux-Basques auf Neufundland war ein Erlebnis für sich. Wir brauchten etwa acht Stunden, um die Insel zu erreichen. Die andere Option wäre gewesen, nach Argentia zu fahren, das näher an der Hauptstadt St. John’s liegt, jedoch dauert die Überfahrt 16 Stunden. Auch aus Respekt vor dem Wellengang im Nordatlantik haben wir uns gegen die längere Überfahrt entschieden.

Wir gingen um 23 Uhr an Bord der Fähre und suchten uns einen gemütlichen Platz für die Nacht. Die Sessel sind groß und gepolstert, mit viel Platz für die Beine. Einige Leute hatten sogar Matratzen mitgebracht und machten es sich zwischen den Reihen gemütlich.

Wir konnten nicht anders, als zu vergleichen, wie weit wir in der gleichen Zeit fliegen könnten. Von Montreal nach Paris sind es auch nur sieben Stunden. Kein Wunder, dass viele Kanadier Europa besser kennen als ihre eigenen Provinzen.

North Sidney – Fähre nach Neufundland

St. John’s – am östlichsten Ort Nordamerikas

St. John‘s ist die Hauptstadt der Provinz Neufundland und Labrador. Sie liegt im Südosten der Insel. Vom Fährhafen in Port-aux-Basques sind es ca. 900 km nach St. John’s – also noch einmal ca. 9 Stunden Fahrt für uns und unseren Sprinter.

Die Stadt ist eine der ältesten europäischen Siedlungen in Nordamerika. Durch ihren geschützten Hafen und ihre Lage im Osten, also nahe an Europa, war sie lange Zeit von strategischer Bedeutung.

Wir spazierten durch Downtown, der 110.000 Einwohnern Stadt. Eine Besonderheit St. John’s sind die farbigen Fassaden der alten Reihenhäuser. Ein besonders bekannter Abschnitt wird deswegen auch die Jelly Bean Row genannt. Angeblich dienten die Farben dazu, dass die Fischer auch bei Nebel ihr Haus wiederfanden.

Wir ließen uns natürlich auch die kulinarischen Highlights von St. John’s nicht entgehen. Im Restaurant Saltwater aßen wir leckeres Fish & Chips und Lobster Rolls. Dazu gab es das Bier Iceberg der Brauerei Quidi Vidi, das mit Wasser von Eisbergen gebraut wird. Das Bier hat keinen besonderen Geschmack, aber wann kann man schon mal Eisberg-Bier trinken?

Statuen der berühmten Hunderassen der Provinz – Labrador und Neufundländer
Jelly Bean Row
Aussicht auf den Hafen von St. John’s

Signal Hill

Signal Hill ist ein Hügel in St. John’s, von dem aus man einen tollen Blick über die Stadt und den Hafen hat. Wir hatten Glück, dass wir an einem klaren Tag dort waren und bis zum Leuchtturm von Cape Spear sehen konnten. Der Hügel war früher ein britischer Militärposten, der den Hafen schützte. Während dem zweiten Weltkrieg wurde er außerdem von amerikanischen Soldaten genutzt. Wir sahen einige Kanonen und Nachbauten von Soldatenhütten. Aufgrund seiner Geschichte ist Signal Hill ein National Historic Site von Parks Canada.

Der Hügel war auch der Ort, wo das erste transatlantische Funksignal empfangen wurde. Im Cabot-Turm, der auf dem Hügel steht, gibt es ein Museum über das Experiment und den Erfinder Guglielmo Marconi.

Cabot Tower auf Signal Hill
Cape Spear

Cape Spear

Cape Spear war unser nächstes Ziel. Von hier aus hat man einen fantastischen Blick auf den offenen Atlantik. Das Kap ist ebenfalls ein National Historic Site aufgrund des ältesten erhaltenen Leuchtturm der Provinz und Verteidigungsanlagen aus dem zweiten Weltkrieg.

Vor allem aber handelt es sich bei Cape Spear um den östlichsten Punkt Nordamerikas. Das bedeutet, dass man von hier aus den ersten Sonnenaufgang auf dem Kontinent sehen kann.

Im Zweiten Weltkrieg befand sich hier eine Verteidigungsanlage, die den Hafen von St. John’s verteidigte. Wir sahen einige der noch erhaltenen Kanonen und Bunker und erfuhren mehr über die Rolle von Cape Spear im Krieg.

The Most Easterly Point
Leuchtturm auf Cape Spear

Trinity und die Bonavista-Halbinsel

Nach St. John’s besuchten wir die Bonavista-Halbinsel. Hier sieht man Neufundland, wie man es sich vorstellt: zerklüftete Küsten, kleine Fischerdörfer und mit etwas Glück Wale oder sogar Eisberge.

Trinity

Unsere erste Station war Trinity, etwa drei Stunden von St. John’s entfernt. Trinity ist ein ehemaliges Fischerdorf in einer geschützten Bucht, das seine idyllische Lage für den Tourismus zu vermarkten weiß. Es gibt einige kleine Hotels, zwei Restaurants und kleine Unternehmen, die Ausflüge zur Walbeobachtung anbieten. Im gut besuchten Restaurant an der Marina aßen wir leckere Chowder, eine cremige Suppe mit Fisch und Krabben.

Von Trinity aus hat man einen schönen Blick auf Trinity East, auf der anderen Seite der Bucht. Dort sieht man mehrere typische Fischerhäuser, teilweise bunt bemalt, über den Hügel verteilt.

Aussicht von Trinity auf Trinity East

Auf dem Skerwink Trail

Es lohnt sich auch, auf die andere Seite zu fahren, nach Port Rexton, und dort auf den Küstenwanderweg Skerwink Trail zu gehen. Der Weg ist etwa vier Kilometer lang und bietet atemberaubende Ausblicke entlang der Küste. Unterwegs trafen wir auf Einheimische, die uns halfen Fontänen von Walen in der Ferne auszumachen.

Patrick auf dem Skerwink Trail
Aussicht auf Trinity

Puffins

Nach der Wanderung ging es weiter nach Elliston an der Spitze der Halbinsel. Am Rande des Dorfes gibt es auf einer kleinen Insel eine Kolonie von Papageientauchern zu sehen. Im Englischen heißen sie Puffins, was den niedlichen Wasservögeln durchaus gerecht wird. Fasziniert beobachteten wir, wie sich die Puffins langsam zum Rand der Klippe bewegten und sich dann mutig in Richtung Meer stürzten. Unser Tag endete am Leuchtturm von Cape Bonavista, an der äußersten Spitze der Halbinsel, etwa 20 Minuten von Elliston entfernt. Dort befindet sich eine weitere Puffinkolonie.

Puffins – bereit zum Sprung
Aussicht vom Puffin Viewing Point bei Elliston

Gros Morne Nationalpark

Der Hauptgrund Neufundland zu besuchen ist unserer Meinung nach der Gros Morne Nationalpark. Der Park liegt im Nordwesten der Insel, mehr als 7 Stunden von St. John‘s entfernt. Er schützt eine einzigartige Küstenlandschaft. Besonders beeindruckend sind der Western Brook Pond, ein Fjord mit 600 Meter hohen Klippen, und die Tablelands, ein Gebirge aus Erdmantelgestein.

Aussicht auf den Berg Gros-Morne

Tablelands

Bei den Tablelands trafen wir uns zu einem Rundgang mit einem Ranger von Parks Canada. Er erklärte uns ausführlich die Geologie dieses besonderen Phänomens, das nur an zwei anderen Orten auf der Welt zu sehen ist, die noch abgelegener sind als der Nationalpark im Norden Neufundlands.
Im August, als wir in Neufundland waren, war die Landschaft größtenteils mit dunkelgrünen Nadelbäumen bedeckt, aber die Tablelands fielen durch ihre braun-goldene Kargheit auf. Das Gestein stammt aus dem Erdmantel und wurde durch tektonische Bewegungen an die Erdoberfläche gebracht. Aufgrund seines hohen Eisengehalts rostet die Oberfläche, was seine Farbe erklärt.

Das Gestein ist für die meisten Pflanzenarten giftig. Unser Ranger machte uns auf die Überlebenskünstler aufmerksam. Er zeigte uns verschiedene fleischfressende Pflanzenarten, die ihre Nährstoffe nicht aus dem Boden, sondern von Insekten beziehen.

Die Tablelands gehören unserer Meinung nach zu den beeindruckendsten Landschaften, die die kanadischen Nationalparks zu bieten haben.

An der Grenze zu den Tablelands
Aussicht auf die Tablelands

Eine Bootsfahrt im Western Brook Pond

Der Western Brook Pond befindet sich ungefähr 20 Minuten nördlich von Rocky Harbour. Der Fjord ist nur über einen 3 km langen Weg vom Parkplatz aus zu erreichen. Der Weg ist nur zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu bewältigen. Wir haben einen entspannten Spaziergang bei strahlendem Sonnenschein genossen.

Vor Urzeiten wurden die steilen Fjordwände von Gletschern geformt. Als diese schmolzen, hob sich der Boden aufgrund des nachlassenden Gewichts an und der Fjord wurde vom Meer abgeschnitten.

Am Ende des Weges ist ein Kiosk von Parks Canada mit einer großen Terrasse, von der aus man die hohen Klippen bereits sehen kann. Hier führt eine Bootstour durch den etwa 16 Kilometer langen Fjord. Wir empfehlen jedem, der zum Gros Morne Nationalpark kommt, diese Tour zu reservieren, um die beeindruckenden Berghänge aus der Nähe zu erleben. Wir haben es auf jeden Fall genossen.

Unser Boot am Anlegesteg – der Fjord im Hintergrund
Western Brook Pond

Weitere Attraktionen

Gander

In der Kleinstadt Gander besuchten wir das North Atlantic Aviation Museum. Es ist ein kleines Museum über die faszinierende Geschichte des Flughafens in Gander.

Gander wurde in den 1930er Jahren gegründet, um Transatlantische Flüge zu unterstützen. Die Flugzeuge machten einen Zwischenstopp und flogen weiter zu ihrem Zielort. Viele Weltstars und Politiker von West und Ost passierten dieses wichtige Drehkreuz in Mitten von Neufundland. Als sich die Reichweite der Flugzeuge erhöhte verringerte sich die Bedeutung des Flughafens.

Doch heute arbeiten immer noch Fluglotsen in Gander. Sie sind die ersten, mit denen ein Pilot aus Europa kommend nach der Stille des Atlantiks Kontakt hat. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001, als der Luftraum in den USA gesperrt wurde, wurden viele Flüge von hier zu kanadischen Flughäfen umgeleitet. Einige von ihnen landeten direkt in Gander. Die Stadt mit weniger als 10.000 Einwohnern musste plötzlich über 6.000 gestrandete Passagiere versorgen und unterbringen. Viele Bürger haben geholfen, indem sie ihre Wohnungen zur Verfügung gestellt haben. Sehr bewegend und inspirierend! Die Lufthansa hat sogar ein Flugzeug nach Halifax und Gander benannt, was sonst nur deutschen Städten vorbehalten ist. Der Grund dafür war die bemerkenswerte Hilfe, welche die Crew und die Passagiere von den Einwohnern erhalten haben.

In etwa einer Stunde hat man alles in dem Museum gesehen. Wir fanden es einen gelungen Zwischenstopp auf unserer Fahrt von der Bonavista-Halbinsel zum Gros Morne Nationalpark.

Salmonoid Interpretation Centre

Etwa eine Stunde westlich von Gander liegt die Kleinstadt Grand Falls. Dort, im Salmonoid Interpretation Centre, konnten wir Lachse beobachten, wie sie eine eigens für sie gebaute Treppe hinaufsprangen, um aus dem Atlantik zu ihren Laichgründen zurückzukehren. Wir waren ganz schön beeindruckt, wie die Lachse sich beharrlich in die Luft warfen. Manchmal verloren sie ein paar Stufen wegen der Strömung, aber dann wurde kurz darauf der nächste Versuch gestartet.

Es ist sehr anschaulich. Die meisten Becken sind offen und man kann den Lachsen von oben zuschauen. Im Keller des kleinen Museums kann man von der Seite aus in eines der Becken schauen.

Wir hatten vorher nie die Gelegenheit Lachse in der Natur zu beobachten. Insofern hat der Halt sich für uns gelohnt.

Fazit

Obwohl wir nur wenig Zeit hatten, manche würden sagen zu wenig für so ein riesiges Gebiet, konnten wir viele unvergessliche Eindrücke sammeln. Wir haben es nicht bereut. Wir wissen jetzt besser, wo wir beim nächsten Mal mehr Zeit einplanen.

Jemandem der in Port-aux-Basques anlandet und nur etwa die selbe Zeit für Neufundland plant, würden wir empfehlen sich vor allem im Gros Morne Nationalpark aufzuhalten. Für jemanden der Natur liebt ist es ein großer Spielplatz. Man kann hier leicht mehrere Tage verbringen.

Mit mehr Zeit lohnt es sich die Halbinseln zu erkunden, um typische Fischerdörfer zu besichtigen und mit etwas Glück Wale und Eisberge zu beobachten.

Wir hoffen, dass euch unser Artikel unterhalten hat und vielleicht etwas Interesse an Neufundland geweckt hat. Lasst uns wissen, falls ihr dort auch gerne hinreisen wollt.

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