Roadtrip in den Maritimes

Im August 2023 erkundeten wir in unserem Sprinter die Maritimen Provinzen. Nachdem wir im Herbst 2022 bereits 6 der 10 kanadischen Provinzen besucht hatten, wollten wir unbedingt auch die vier verbliebenen mit unserem Camper befahren. Eine Reise durch Neufundland war unser Ziel für den Sommer und weil man auf dem Weg zur Fähre sowieso die Provinzen New Brunswick und Nova Scotia durchquert, war es klar, dass wir auch etwas Zeit zum Erkunden der Maritimes einplanen würden.

Die Provinzen im Osten von Québec, New Brunswick, Prince Edward Island und Nova Scotia, werden häufig als Maritimes zusammengefasst. Zusammen mit Neufundland und Labrador bilden sie die Region Atlantic Canada.

Es war natürlich besonders motivierend für die Reise, dass Patrick’s Eltern ihr Wohnmobil nach Halifax verschifft hatten und wir so die Maritimes gemeinsam entdecken konnten. Wir haben uns riesig gefreut, die beiden, nach unserer Woche auf Neufundland (hier geht es zum Artikel), auf dem Parkplatz von Louisbourg zu treffen.

In diesem Artikel berichten wir von unseren Erlebnissen und Höhepunkten in den Maritimen Provinzen.

Nova Scotia

In der Provinz Nova Scotia verbrachten wir die meisten Tage unserer Reise durch die Maritimes. Wir hatten vor allem zwei Attraktionen auf unserer Liste: die Festung von Louisbourg und den Cabot Trail.

Louisbourg

Louisbourg liegt nicht weit entfernt von North Sidney, wo die Fähre aus Neufundland ankommt. Die Festung von Louisbourg ist das touristische Highlight der Region und somit war es der ideale Treffpunkt für uns Wohnmobil-Reisende. Direkt nach der Ankunft der Fähre machten wir uns auf den Weg, um in Louisbourg die Eltern von Patrick zu treffen.

Im Osten von Cape Breton Island liegt die Festung von Louisbourg. Anfang des 18. Jahrhunderts von den Franzosen gegründet ist es heute ein National Historic Site verwaltet von Parks Canada. Laut Parks Canada ist Louisbourg der einzige größere Ort aus der Kolonialzeit, der nicht von einer modernen Stadt überbaut wurde. Im Gegenteil, der Ort wurde bereits in den 1760er Jahren verlassen. Mitte des 20. Jahrhunderts beschloss man dann, den Ort basierend auf rekonstruierten Plänen originalgetreu wieder aufzubauen. Das Resultat ist durchaus gelungen. Während den Sommermonaten ist die Festung dazu durchgehend mit Personal besetzt, das die Kleidung der Zeit trägt und dem Besucher eine passende Rolle vorspielen. Wir haben zum Beispiel von einer Hausfrau mitbekommen, was in der Kolonie mit welchen Zutaten gekocht werden konnte. Nahrungsmittel wurden fast ausschließlich von Frankreich importiert, sodass es oft zu Engpässen kam, wenn mal ein Schiff ausblieb.

Cabot Trail

Der Cabot Trail führt durch eine der beeindruckendsten Landschaften, die wir in Kanada bewundert haben. Wir erinnern uns aber besonders an diesen Teil unserer Reise, weil wir das erste Mal einen Elch während einer Wanderung angetroffen haben! Aber dazu später mehr.

Cabot Trail ist ein szenischer Highway, der entlang der Küste und durch die Cape Breton Highlands im Norden von Cape Breton führt. Vor allem wenn man von den hohen Highlands an der Westküste der Insel ankommt bietet sich eine atemberaubende Aussicht auf die hügelige Landschaft, die steil zum Wasser hin abfällt. An mehreren Stellen gibt es Haltebuchten, die wir auch genutzt haben, um die schönen Ausblicke zu genießen. Der Cabot Trail ist eine der touristischen Hauptattraktionen in der Provinz Nova Scotia.

Wer beim Namen „Highlands“ an Schottland denkt, ist nicht komplett verkehrt. Nach der Eroberung durch die Briten haben sich besonders Schotten in Cape Breton niedergelassen. Manchmal sieht man sogar Orts- und Straßenschilder auf Gälisch.

Der Cabot Trail führt zum großen Teil durch den Cape Breton Highlands Nationalpark. Dadurch gibt es mehrere Campingplätze und gut markierte Wanderwege. Wir waren auf dem Camping von Chéticamp.

Der Campingplatz von Chéticamp liegt nur wenige Autominuten entfernt von der beliebtesten Wanderung des Nationalparks, dem Skyline Trail. Wie der Name bereits verrät liegt der Wanderweg in der Höhe. Vom Parkplatz aus läuft man einige Zeit durch kleinwüchsigen Wald bis sich der Wald lichtet und man einen baumlosen Hügel hinunterläuft, der bis zum Meer hin steil abfällt. Wie ein Adler schaut man auf das weite Meer und auf die winzigen Autos, die von den Highlands hinunter zur Küste fahren.

Die Umgebung um den Skyline Trail ist bei Elchen sehr beliebt. Ein Teil des Waldes ist sogar eingezäunt, um die junge Vegetation vor den hungrigen Tieren zu schützen. Auf dem Skyline Trail kam es dann zu unserer Begegnung mit einer Elchkuh: Patrick lief voraus und hielt plötzlich an. Denn mitten auf dem Weg, etwa 10 Meter entfernt, haben wir plötzlich den Hintern eines Elchs gesehen! Unsere Präsenz war dem imposanten Tier wohl nicht ganz Geheuer und so kehrte es zurück in die Büsche. Da die Vegetation nicht allzu dicht war, und die Elchkuh ein paar neue Triebe zum futtern gefunden hatte, hatten wir die Chance sie noch eine Zeit lang zu beobachten und ein paar Fotos zu machen.

Five Island Provincial Park

Auf dem Weg nach Prince Edward Island machten wir einen Zwischenstopp im Five Island Provincial Park. Der Park liegt am Minas Becken der Bucht von Fundy. Hier haben wir das erste Mal eine Idee von dem gewaltigen Tidenhub der Fundy Bay bekommen, dem größten Tidenhub auf der Erde. Bei Ebbe kann man über das Watt zu mehreren Inseln laufen, wobei es wichtig ist die Gezeiten im Kopf zu behalten. Denn die Flut kommt hier schnell. Bis zu 16 Meter beträgt der Tidenhub – 16 Meter während 6 Stunden Flut! Wenn die Ebbe einsetzt hat man das Gefühl, dass jemand den Stöpsel aus der Badewanne gezogen hat. Das Wasser zieht sich mit beeindruckender Geschwindigkeit zurück.

Der Campingplatz liegt auf einer Anhöhe von der wir einen schönen Blick auf die Bucht hatten. Wenn man im Five Island Provincial Park übernachtet, sollte man unbedingt versuchen zu Höchst- und Tiefststände der Gezeiten an den Strand zu wandern, um das Ausmaß des Tidenhubs zu bewundern. Ein schöner Küstenweg führt am Rande des Campingplatzes der Klippe entlang bis hinunter an den Strand.

Bonus: Alexander Graham Bell National Historic Site

Vor unserer Neufundland-Reise, auf dem Weg nach North Sidney auf Cape Breton Island hielten wir am Museum des Erfinders Alexander Graham Bell, bekannt für die Erfindung des Telefons. Das Museum liegt an der Bucht von Baddeck, in der Bell einige seiner Erfindungen zum ersten Mal getestet hat. Er konzentrierte sich nicht nur auf Kommunikation: Zum Beispiel gelang ihm in der zugefrorenen Bucht der erste motorisierte Flug in Kanada. Das Museum, verwaltet von Parks Canada, führt durch das Leben und die Errungenschaften von Bell und beherbergt viele interessante Originale und Nachbauten seiner Erfindungen. Es war ein gelungener Stopp für uns, um die Zeit vor unserer Fahrt mit der Neufundland-Fähre mit einer interessanten Aktivität zu verkürzen.

Prince Edward Island

Prince Edward Island ist eine Insel vor der Küste von New Brunswick. Das Festland liegt nur wenige Kilometer entfernt und eine Brücke, die Confederation Bridge, verbindet die Insel mit dem Kontinent. Aufgrund der langen Sandstrände ist die Insel bei kanadischen Sommerurlaubern beliebt.

Wir verbrachten einen Tag an der Nordküste und einen Tag in Charlottetown der Hauptstadt der Provinz. An der Küste machten wir einen Spaziergang im Prince Edward Island Nationalpark, der einen großen Abschnitt der Dünenlandschaft schützt. In Charlottetown besuchten wir den Ort an dem der moderne kanadische Staat gegründet wurde – das Province House, und spazierten durch die alten Stadtviertel der Innenstadt.

Für uns hatte die Fahrt nach Prince Edward Island eine besondere Bedeutung. Innerhalb von einem Jahr hatten wir damit alle 10 Provinzen Kanadas mit unserem Sprinter besucht.

Confederation Bridge

An einem Highlight von Prince Edwards Island kommt man nur schwer vorbei. Zwar gibt es auch Fähren, die einen auf die Insel bringen, aber der schnellste Weg ist über die 13 Kilometer lange Confederation Bridge. Die Brücke wurde 1997 fertiggestellt und ist eine der längsten Brücken der Welt, unter anderem die längste Brücke der Welt, die über ein zeitweise zugefrorenes Gewässer führt – ein beeindruckendes Bauwerk. Aber Vorsicht, der Preis ist ebenfalls beachtlich: 50 $ kostet es die Provinz über die Brücke zu verlassen.

Charlottetown

Charlottetown ist Hauptstadt der Provinz und außerdem mit rund 40.000 Einwohnern die größte Stadt der Insel (weniger als 150.000 Menschen wohnen in der Provinz). Die Innenstadt ist dementsprechend klein und schnell erkundet. Farbige Linien auf den Gehwegen führen einen durch die historischen Viertel von Charlottetown, dass im 18. Jahrhundert gegründet wurde.

Charlottetown hat eine besondere Bedeutung für Kanada. Hier wurde 1864 die Konföderation diskutiert, also der Zusammenschluss der Nordamerikanischen britischen Kolonien Nova Scotia, New Brunswick und Prince Edwards Island und der Provinz Kanada (Ontario und Québec). Die mehrtägige Beratung im Province House, dem Parlamentsgebäude von Prince Edwards Island, führten zur Gründung der kanadischen Konföderation im Jahr 1867. Dadurch wurde Kanada zum unabhängigen Staat, auch wenn es die britische Krone als offizielles Staatsoberhaupt behalten hat. Obwohl Prince Edwards Island bei den ersten Diskussionen dabei war, wurde PEI erst 1873 Mitglied des Dominion Kanada (nach den vier Gründungsprovinzen New Brunswick, Nova Scotia, Ontario und Québec, und Manitoba und British Columbia).

Das Province House ist aufgrund von Renovierungsarbeiten seit mehreren Jahren geschlossen. Ein Nachbau des Saals in dem die Verhandlungen stattfanden und eine kleine Ausstellung von Parks Canada konnten wir im danebenliegenden Confederation Centre of the Arts, dem Kulturzentrum von Charlottetown, besichtigen.

Zum Abschluss unseres Tages in Charlottetown gönnten wir uns ein leckeres Eis in einer Filiale von Cows, einer Ice Cream-Kette die in Prince Edwards Island gegründet wurde. Laut einer Umfrage gehört die Eisdiele zu den besten der Welt. Zumindest ihr Merchandising ist absolute Spitze (klicke hier für ein paar Impressionen).

New Brunswick

New Brunswick grenzt an Québec und war somit die erste maritime Provinz, durch die wir gefahren sind. Aufgrund der begrenzten Zeit unserer Reise und den vielen Orten, die wir in den anderen maritimen Provinzen besuchen wollten, kamen wir leider kaum dazu New Brunswick zu erkunden. Allerdings gibt es eine Attraktion, die man sich bei einem Besuch von New Brunswick, und generell den maritimen Provinzen von Kanada, nicht entgehen lassen sollte: das Naturschauspiel in der Bucht von Fundy.

Fundy Bay

Auf dem Rückweg in Richtung Québec verbrachten wir eine Nacht auf einem Campingplatz im Fundy Nationalpark. Für Wanderungen und andere Aktivitäten im Nationalpark hatten wir leider keine Zeit. Dafür besuchten wir zwei Mal, bei Hoch- und bei Tiefstand, den Hopewell Rocks Provincial Park – die Hauptattraktion in der Bucht von Fundy.

Hier haben die gigantischen Gezeiten bizarre Felsen geformt, die wegen der Vegetation auf ihrer Spitze auch Flowerpot Rocks genannt werden. Beim Höchststand der Flut bilden die Felsen kleine Inseln vor der Küste, beim Tiefststand kann man dagegen auf dem freigegeben Sandstrand zwischen den 10-20 Meter hohen Felsen durchlaufen. Ein faszinierender Ort!

Der Eintrittspreis für den Hopewell Rocks Provincial Park erlaubt zwei Besuche. Für uns hat es sich gelohnt, zweimal vorbeizuschauen, denn dadurch konnten wir das Ausmaß des Tidenhubes erleben.

Fazit

Obwohl unser Aufenthalt in den maritimen Provinzen, angesichts der Größe der Region, kurz war, haben wir das beste daraus gemacht und jede Menge Highlights besichtigen können. Zwar waren wir von anderen Regionen in Kanada mehr beeindruckt, aber auch hier hatten wir einzigartige Erlebnisse, wie das Beobachten des unfassbaren Tidenhubs der Fundy Bay und die Begegnung mit einem Elch auf dem Skyline Trail.

Wir sind besonders glücklich und stolz, dass wir durch den Roadtrip in den Maritimes alle Provinzen Kanadas besucht haben. Es zeichnet sich bereits das nächste große Abenteuer in Kanada ab: die Erkundung der geheimnisvollen Territorien des Nordens.

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