Für viele Menschen, die Kanada durchqueren, ist der Abschnitt der Prärie, zwischen den Wäldern und Seen von Ontario und den Rocky Mountains in Alberta, eine monotone Fahrt durch endlose Felder. Vor allem Saskatchewan scheint nur wenige Sehenswürdigkeiten zu bieten. Im Süden der Provinz liegt allerdings einer der beeindruckendsten Nationalparks von Kanada.
Der Grasslands Nationalpark stand von Anfang an auf unserer Liste. Zwar ist es ein weiter Umweg vom Trans-Kanada-Highway, aber die Landschaft ist so komplett anders als die bewaldeten Bergketten, die wir von zuhause kennen. Trockenes Gras bedeckt sanfte Hügel und abrupte Canyons. Kein Baum bietet Schatten. Vereinzelt wandern Bison durch die karge Landschaft.
Als wir am frühen Nachmittag im Park angekommen sind, lag die Temperatur bei 38°C, und das, am Ende des September. Die Luft war so trocken, dass wir froh waren unsere Wasservorräte vorher aufgefüllt zu haben.
Der Grasslands Nationalpark besteht aus zwei Teilen, West und East Block, etwa 150 Kilometer voneinander entfernt. Im östlichen Teil kann man durch Badlands wandern und Fossilien entdecken, im westlichen Teil sind Bison die Attraktion. Wir hatten nur Zeit für einen Abschnitt, und so entschieden wir uns für den West Block.
Eine interaktive Karte zur Orientierung
Tierwelt
Gleich am Eingang des Parks begrüßte uns ein Bison, was uns sofort die lange Anfahrt vergessen ließ. Im Jahr 2005 wurden die beindruckenden Tiere im Nationalpark wiedereingeführt, etwa 120 Jahre nachdem die Bison durch übermäßiges jagen ausgerottet wurden. Es ist heute unvorstellbar, dass vor der Ankunft der Europäer Millionen von Bison durch die Prärie zogen.
Ein paar Hundert Meter weiter trafen wir auf eine weitere besondere Tierart der Prärie: Eine Kolonie von Präriehunden, eine der letzten in Kanada, lebt hier. Hunderte der Nagetiere wuselten von einem Erdloch zum nächsten, natürlich ohne auf den Verkehr zu achten (wir waren die einzigen an diesem Nachmittag). Ein Schild ermahnte uns nur in Schritttempo zu fahren.
Natürlich ist es verlockend sich die Erdlöcher der Präriehunde aus der Nähe anzuschauen. Die Höhlen werden aber auch von Schwarzen Witwen bewohnt, einer giftigen Spinnenart. Der Nationalpark empfiehlt lange Hosen zu tragen und diese in die Schuhe zu stecken. Wegen der Klapperschlangen sollte man zudem Schuhe tragen, die über die Knöchel reichen.
Aber keine Angst! Es reicht aufzupassen, wo man hintritt und die Hände aus den Behausungen der Präriehunde zu lassen.
Die Kolonie ist der zweite Stopp auf dem Ecotour Scenic Drive, der Schotterstraße, die auch zum Campingplatz führt. An sieben Stellen der Panoramastraße laden Haltebuchten zum parken ein. Kurze Wanderwege führen von der Straße zu Aussichtspunkten und besonderen Orten. Hinweisschilder erklären Interessantes über die Landschaft, die Tierwelt und die Geschichte der Prärie.
Unglaubliche Stille
Die Geräuschkulisse der Prärie hat uns wirklich beeindruckt. Als wir den Nationalpark besucht haben, sind wir nur auf wenige Menschen getroffen. Dazu gibt es keinen Wald, und auch das Meer ist natürlich weit entfernt. Die einzigen Geräusche waren unsere Schritte auf den staubigen Wegen und der leichte Wind. Wir fühlten uns wie in einem alten Western, in dem die Kamera einer entfernten Gruppe reitender Cowboys folgt, und man nur das dumpfe Widerhallen der galoppierenden Hufe hört.
In der Nacht wurde die Stille fast unangenehm. Wann schläft man schon in einer absolut geräuscharmen Umgebung? Zwar hörten wir vereinzelt das Heulen von Kojoten, aber das trug eher zur gespenstischen Stimmung bei. Die Stille der Prärie ist für uns einer Höhepunkte von unserer Übernachtung im Grasslands Nationalpark.
Auf dem Campingplatz
Aufgrund der Wasserknappheit gibt es keine Duschen am Campingplatz. Wohnmobile müssen ihre Wassertanks vorher auffüllen (z.B. am Besucherzentrum in Val Marie). Außerdem wird in der ersten September-Woche der Trinkwasser-Brunnen zum Auffüllen von Wasserflaschen abgestellt. Dementsprechend ist es wichtig, mit ausreichend Wasser zum Frenchman Valley Campingplatz zu fahren.
Der Campingplatz liegt idyllisch in einem kleinen Tal in dessen Mitte sich ein Bach schlängelt – der Frenchman Creek. Das Gelände ist eingezäunt, damit nicht aus Versehen ein Bison auf die Idee kommt, neben einem Zelt zu grasen. Auch hier wimmelte es von Präriehunden.
Die Nacht war für uns ebenfalls ein besonderes Erlebnis. Der Park ist als Dark Sky Preserve ausgewiesen, da der Nachthimmel nicht durch künstliches Licht verschmutzt wird. Zu unserem Glück war die Nacht wolkenlos, der Mond war auch nicht zu sehen, und somit konnten wir die Milchstraße bewundern.
Wie kommt man zum Grasslands Nationalpark
Das Besucherzentrum des West Block des Grasslands Nationalpark in Val Marie liegt 120 Kilometer südlich vom Trans-Canada Highway. Für den direkten Weg nimmt man Highway 4 bei Swift Current. Die Landstraßen führten kilometerlang schnurgerade aus, vorbei an endlosen Feldern.
Bevor man zum eigentlichen Park fährt, sollte man unbedingt zum Besucherzentrum in Val Marie fahren. Neben dem Auffüllen der Wasservorräte, geben die Park-Rangers Tipps zu Aktivitäten und Verhalten in der Prärie. Außerdem gibt es ein kleines Museum zu der Geschichte und den Besonderheiten des Nationalparks.
Von Val Marie sind es etwa 30 Kilometer bis zum Campingplatz im Grasslands Nationalpark. Der Weg führt über Schotterstraßen und über mehrere Viehgatter. Unser Sprinter wurde ganz schön durchgeschüttelt. Um sich auf den einsamen Straßen keine Angst zu machen, sollte man mit einem gut gefüllten Tank zum Nationalpark fahren.
Unser Fazit
Als wir am nächsten Morgen in Richtung Ausgang zurückgefahren sind, trafen wir auf mehrere Rehe und sechs Bison. Das letzte blockierte für ein paar Minuten den Ausgang. Wir warteten geduldig in angemessenen Abstand, bis es vom Weg trottete.
Der weite Weg für unseren Besuch im Grasslands Nationalpark hat sich gelohnt. Die unendlichen Weiten der Prärie, die einzigartige Tierwelt und die wunderschönen Farben am Himmel werden wir nicht so schnell vergessen.
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Wow, kommt auf unseren Reisplan.
Hi Alex und Patrick, danke für euren Bericht und die Fotos. Neidfaktor groß – bewundere und beneide euch und wünsche gutes Gelingen der weiteren Reise mit vielen interessanten Erlebnissen. Grüße Michael
P.S . Habe Mail an Ingrid weitergeleitet.